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Evolution des Denkens und Gedankenstille

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In diesem Video beschäftigen wir uns mit dem Denken: mit seinen Stärken, mit seinen Schwächen und damit, wie das Erleben ohne Gedanken ist. Und wir zeigen euch die Evolution des Denkens, seine Entstehungsgeschichte, die erklärt, wieso die meisten Menschen fast die ganze Zeit über mit Gedanken beschäftigt sind.

 

Wir wissen aus eigener Erfahrung, wie reich und lebendig das Erleben sein kann, wenn wir ganz im Moment aufgehen, wenn wir uns nicht auf Vergangenheit und Zukunft beziehen, wenn wir nicht einordnen, nicht vergleichen – wenn keine Gedanken im Spiel sind. Wir haben das selbst erlebt, vielleicht beim Tanzen, vielleicht beim Knutschen oder in der Natur, und vor allem als wir kleine Kinder waren.

Und wir wissen aus eigener Erfahrung, dass Gedanken oft nichts Sinnvolles zum Erleben beitragen, sondern es eher trüben. Dass Gedanken das Gefühl von purer, frischer Lebendigkeit und Präsenz in den Hintergrund drängen können, bis wir uns fühlen wie hinter einer Trennwand, distanziert von unserem Erleben statt eins mit dem Moment und mit dem Leben. Und wir wissen: Gedanken können das Einfachste und Natürlichste schwierig erscheinen lassen. Sie können uns ängstlich, angespannt und nervös machen.

 

Natürlich hat Denken auch riesige Vorteile; es ist ein ganz wichtiger Faktor in unserem Leben: Es kann sehr produktiv und kreativ sein. Wir brauchen es, um zu planen, zu berechnen, zu formulieren, um Informationen aufzunehmen und weiterzugeben.

Es ist ein Werkzeug, wie ein Schraubenzieher: Super nützlich, wenn es mal etwas zu Schrauben gibt.

Aber wenn wir den Schraubenzieher immer in der Hand halten, dann scheint es so, als gäbe es immer etwas zu schrauben. Als müsste immer etwas verbessert werden, verglichen, bewertet, korrigiert werden. Und dieses ständige “Nicht gut genug” kann das Denken zum Folterwerkzeug werden lassen.

 

Weil das Denken ein so gewohnter Begleiter in unserem Alltag ist, wird uns kaum bewusst, dass es uns ständig berieselt. Und wenn uns unsere eigenen Gedanken langweilen, dann ersetzen wir sie durch fremde Texte: Wir machen den Fernseher an oder das Smartphone oder den Computer oder wir greifen zu einem Buch … Und wenn die Berieselung durch Worte aufhört, dann empfinden wir vielleicht einen Moment der Leere. Wir verlieren die Sicherheit des Gewohnten, den Halt in der Normalität der Gedankenwelt, die uns erzählt, wer wir sind und wer die anderen sind und was wir wollen und was wir tun sollten und müssten ...

Der Verzicht auf diese gewohnte Verortung in der Gedankenwelt kann sich erst mal leer und unbehaglich anfühlen, wie Entzugserscheinungen. Dabei übersehen wir leicht, dass die Gedankenleere eigentlich eine Offenheit ist für die Frische und Lebendigkeit des Jetzt-Erlebens, das immer neu ist und doch so natürlich für uns ist: Wir sind ja schließlich ohne Worte und Gedanken auf die Welt gekommen und wir haben unsere ersten Lebensmonate ohne Zukunft und Vergangenheit zugebracht, ohne Planung, ohne Kategorien, ohne Worte, ohne Gedanken. Unser Erleben war pure Lebendigkeit, ein einziges großes Staunen.

 

Wir können jederzeit zu diesem Urzustand zurückkehren: Dieses Erleben ist da und direkt bewusst erlebbar, sobald die Gedanken zur Ruhe kommen.

Die Welt der Isolation und der getrennten Objekte verschwindet mit den Gedanken und es zeigt sich eine Dimension der Lebendigkeit und der Präsenz, die für das Denken völlig unsichtbar ist, die in keine Schablone passt, die immer frisch und neu ist und tief und unendlich reich. Ein Wunder, das sich dem Denken völlig entzieht. Denn das Denken beschreibt uns die Welt, als wäre das alles kein Wunder.

 

Habt ihr mal ein Feuerwerk erlebt oder ein Konzert oder eine Massage oder ein Essen und wart dabei völlig in Gedanken? Ihr habt das mehr oder weniger verpasst, statt es zu genießen? Die Gedanken beziehen den Moment auf Vergangenheit oder Zukunft, sie vergleichen, kategorisieren, sie haben Verbesserungsvorschläge … oder sie beschäftigen sich gleich mit etwas ganz anderem, das überhaupt nichts mit dem Moment zu tun hat.

In all diesen Fällen ist die Aufmerksamkeit gespalten, aufgespalten in das Jetzt-Erleben und in die Gedanken an wann anders, woanders ... Und so überdecken und verzerren und verschleiern Gedanken das Erleben. Und sie entwerten das Jetzt, das nur noch als eine Art Durchgangsmoment auf dem Weg zu einem „wichtigeren“ Moment erscheint.

Denken setzt uns immer wieder Schablonen fürs Jetzt-Erleben vor. Daraus kann die Gewohnheit entstehen, sich mehr aufs Denken zu verlassen als aufs direkte Erleben.

 

Wie konnte es so weit kommen?

Hier ein Rückblick auf die Evolution des Denkens:

Unsere Vorfahren in der frühen Steinzeit entwickelten eine Fähigkeit, die sie von allen Tieren unterschied: Sie konnten sich vorstellen, wie es anders sein könnte. Sie konnten sich Alternativen zur momentanen Wirklichkeit ausmalen: „Wie wäre es, in dieser Höhle zu wohnen? Wie könnten wir die Jagd erleichtern? Wie könnten wir es sicherer und schöner und besser haben? Wie könnte es anders sein?“ Und diese ersten Menschen konnten ihre Ideen formulieren und in Worten weitergeben, so dass sie andere in ihre Pläne einbeziehen und gemeinsam handeln konnten. So konnten sie Hunger und Kälte und Gefahren vermeiden. Sie konnten sicherer und gesünder leben.

Das Denken war ein so großer evolutionärer Vorteil, dass die Natur viel Zeit und Energie in seine Entwicklung investierte: Wenn nichts „Besseres” los war, wenn die Situation keine besondere Aufmerksamkeit erforderte, dann kamen die Gedanken automatisch ins Laufen. Reflexionen, was gestern gut funktioniert hat und was nicht, Fantasien, was morgen kommen könnte und wie man sich darauf vorbereiten könnte … Wir lernten, uns Sorgen zu machen und Pläne zu machen und Regeln zu formulieren. Wir entwickelten die Gewohnheit, an etwas anderes zu denken als an das, was wir hier und jetzt erleben.

Der Anders-Gedanke,die Fähigkeit, Alternativen zur erlebten Wirklichkeit zu entwickeln, hat uns weit gebracht. Wir wohnen jetzt warm und trocken, wir haben genug Nahrung und Kleidung, wir drehen den Hahn auf und schon kommt Wasser, wir sind fast nie in Lebensgefahr. Nur vergessen wir oft, all das zu genießen, weil die Gedanken immer weiter kreisen und vor sich hin schrauben und die Aufmerksamkeit von der Sinnlichkeit des Jetzt-Erlebens abziehen.

Wenn ständig Verbesserungsvorschläge kommen, dann scheint nichts gut genug und wir streben nach immer mehr, ohne jemals dauerhaft zufrieden zu sein. Und wenn uns das stresst und wir uns dadurch gespalten und unvollständig fühlen, dann wird das Denken die Lösung immer in Gedanken suchen, immer auf der Suche nach „dem Gedanken, der die Lösung bringt“ für das Problem, das durchs Denken erst entsteht. Dass Gedanken immer nur Beschreibungen und nicht die Wirklichkeit sind, das wird dabei übersehen.

Das Denken wird dann zur Autorität, zum Diktator, der uns sagt, wer wir sind und was uns fehlt und wie wir sein sollten und was wir tun müssten ... Dabei abstrahiert es ja immer nur bestimmte Aspekte von uns und von anderen, als wären wir eine Sammlung von Eigenschaften und als könnten wir gedanklich erfasst werden.

 

Vielleicht ist die nächste Phase in der Evolution zu lernen, dieses Denkwerkzeug auch mal wieder wegzulassen. Zu lernen, wofür dieses Werkzeug nützlich ist und wofür nicht. Und dem bewussten Jetzt-Erleben wieder mehr Aufmerksamkeit zu schenken. Dieser unbeschriebenen, spontanen Lebendigkeit vor den Gedanken.

In dieser Lebendigkeit haben Gedanken natürlich auch ihren Platz, ihre Funktion, ihre eigene Schönheit. Sie sind etwas ganz Wundervolles.

Nur sind wir nicht mehr mit ihnen identifiziert; wir verwechseln uns nicht mit Gedanken. Und sie sind nicht mehr die Autorität, die unser Leben und Erleben bestimmt, sondern sie sind nur ein Hilfsmittel, das manchmal zum Einsatz kommt, wenn es passt, und sonst nicht. Sie können auch mal Pause machen und zur Ruhe kommen, so dass dieses Erleben jenseits der Gedanken klar und bewusst und präsent wird und wir in dieser nonverbalen Wirklichkeit aufwachen und aufblühen, in der wir zuhause sind.

 

Auf der OpenSense-Website und in unseren Videos und Seminaren findet ihr Anregungen und Experimente, die zu diesem Jetzt-Erleben einladen. Ihr werdet merken, dass das weit darüber hinausgeht, was man unter „Achtsamkeit“ versteht. Wir sind nicht "jemand, der allmählich etwas achtsamer wird". Wir erleben uns und den Moment als pure Lebendigkeit.

 

Danke für eure Aufmerksamkeit!

Hier die Audio-Version (mp3) zum Anhören oder zum Herunterladen:

Gedankenstille
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